Antidepressiva Absetzphänomene
- By webpsychiater
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- 26 Feb, 2016
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Serotonerge Antidepressiva nicht zu schnell absetzen
Um es klar zu Beginn des Beitrages zu schreiben : Antidepresiva machen keine körperliche oder psychische Abhängigkeit. Dennoch muss man bei einigen Antidepressiva-Gruppen in sehr seltenen Fällen auf Absetzphänomene bei einem zu schnellen Absetzen von Antidepressiva gefasst sein.
Unspezifische Symptome beim Absetzen von Antidepressiva richtig einordnen
Im Internet kursieren die wildesten Verschwörungsphantasien, die von wahnsinnig dramatischen Problemen bei der Beendigung einer Pharmakotherapie mit Antidepressiva berichten. Es ist schon richtig, dass man bei relativ vielen Patienten in Studien Berichte über "Nebenwirkungen" beim Absetzen hört. Das bedeutet aber nicht, dass dies nun regelhaft beim Absetzen der Medikation auftritt.
Ich selber habe als Psychiater seit 1992 nur in absoluten Einzelfällen Probleme beim Absetzen von einem SSRI (Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer) oder Venlafaxin erlebt.
Fast immer war dies bei Patientinnen der Fall, die entweder eine Generalisierte Angststörung oder eine Traumaproblematik hatten. Oder aber bei einem sehr abrupten Wechsel der Behandlung (durch den Patienten selber).
Bei Patientinnen und Patienten, bei denen "geplant" ein Absetzen von SSRI oder Venlafaxin erfolgte, sind Absetzphänomene absolute Raritäten.
Ich selber habe als Psychiater seit 1992 nur in absoluten Einzelfällen Probleme beim Absetzen von einem SSRI (Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer) oder Venlafaxin erlebt.
Fast immer war dies bei Patientinnen der Fall, die entweder eine Generalisierte Angststörung oder eine Traumaproblematik hatten. Oder aber bei einem sehr abrupten Wechsel der Behandlung (durch den Patienten selber).
Bei Patientinnen und Patienten, bei denen "geplant" ein Absetzen von SSRI oder Venlafaxin erfolgte, sind Absetzphänomene absolute Raritäten.
Infografik zum Thema Absetzphänomene von Antidepressiva

Bei der Therapie von Depressionen oder Angststörungen mit Medikamenten muss man berücksichtigen, dass sich die Antidepressiva in der Wirksamkeit sondern mehr in Hinblick auf mögliche Nebenwirkungen unterscheiden.
Viele Patientinnen und Patienten haben dabei ziemlich irrationale Ängste und Vorstellungen, über mögliche Gefahren der Behandlung mit Stimmungsaufhellern zur Behandlung von Depressionen und im Zusammenhang mit Angststörungen, chronischen Schmerzen oder auch Zwangsstörungen.
Das Dilemma in der Pharmakotherapie ist dabei, dass mögliche Nebenwirkungen bei Absetzen der Antidepressiva aufgrund der unspezifischen Symptome gar nicht von möglichen Symptomen einer Angststörung oder Somatisierungsstörung unterschieden werden können.
Anlass für das Absetzen von Antidepressiva ist häufig ja nicht das erfolgreiche Beenden der Therapie mit Beschwerdefreiheit, sondern eine - häufig ziemliche irrationale - Angst des Patienten vor einem möglichen Schaden der Therapie.
Für die Beurteilung von Absetzphänomenen unter Antidepressiva ist also wichtig, dass ein unmittelbarer zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Absetzen des Medikamentes und den Symptomen besteht.
Absetzsymptome treten in aller Regel innerhalb weniger Tage auf
Natürlich muss man diese Angst ernst nehmen. Aber es macht eben dann auch die Beurteilung von Beschwerden so schwierig, weil man als Psychiater gar nicht differenzieren kann, ob die geschilderten Beschwerden nun
Viele Patientinnen und Patienten haben dabei ziemlich irrationale Ängste und Vorstellungen, über mögliche Gefahren der Behandlung mit Stimmungsaufhellern zur Behandlung von Depressionen und im Zusammenhang mit Angststörungen, chronischen Schmerzen oder auch Zwangsstörungen.
Das Dilemma in der Pharmakotherapie ist dabei, dass mögliche Nebenwirkungen bei Absetzen der Antidepressiva aufgrund der unspezifischen Symptome gar nicht von möglichen Symptomen einer Angststörung oder Somatisierungsstörung unterschieden werden können.
Anlass für das Absetzen von Antidepressiva ist häufig ja nicht das erfolgreiche Beenden der Therapie mit Beschwerdefreiheit, sondern eine - häufig ziemliche irrationale - Angst des Patienten vor einem möglichen Schaden der Therapie.
Für die Beurteilung von Absetzphänomenen unter Antidepressiva ist also wichtig, dass ein unmittelbarer zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Absetzen des Medikamentes und den Symptomen besteht.
Absetzsymptome treten in aller Regel innerhalb weniger Tage auf
Natürlich muss man diese Angst ernst nehmen. Aber es macht eben dann auch die Beurteilung von Beschwerden so schwierig, weil man als Psychiater gar nicht differenzieren kann, ob die geschilderten Beschwerden nun
- Nebenwirkungen der derzeitigen Antidepressiva
- Mögliche Wechselwirkungen durch die Einnahme weiterer Medikamente (z.B. über Enzyminduktion und andere pharmakologische Interaktionen)
- Absetzphänomen der Antidepressiva oder aber
- Symptome einer Angststörung / wiederaufkommenden Depression oder Somatisierungsstörung
sind.
SSRI und Venlafaxin verursachen am häufigsten Absetzphänomene
In den Studien und der alltäglichen psychiatrischen Erfahrung liegen Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer vorne in der Häufigkeit von Absetzphänomene.
Am häufigsten soll dabei Paroxetin Absetzphänomene zeigen bzw. behandelte Patientinnen und Patienten klagen hier über die stärksten Beschwerden. Das hängt mit der relativ kurzen Halbwertszeit dieses SSRI-Antidepressivums zusammen.
Am häufigsten soll dabei Paroxetin Absetzphänomene zeigen bzw. behandelte Patientinnen und Patienten klagen hier über die stärksten Beschwerden. Das hängt mit der relativ kurzen Halbwertszeit dieses SSRI-Antidepressivums zusammen.
DESS-Checkliste deutsch für Absetzphänomene von Antidepressiva
Bei der Skala wird dann jeweils geschaut, ob es sich wirklich um ein neues Symptom oder ein altes Phänomen handelt
1 Neues Symptom
2 Altes Symptom, das jetzt stärker geworden ist
3 Altes Symptom, jetzt besser
4 Altes Symptom, unverändert
5 Symptom nicht vorhanden
Wie man leicht in der Aufstellung der Beschwerden sieht, ist es eine ziemlich wahllose Liste von möglichen Beschwerden, die nun überhaupt nicht mit der Medikamenteneinnahme selber in Verbindung stehen müssen. Aber natürlich können....
1 Neues Symptom
2 Altes Symptom, das jetzt stärker geworden ist
3 Altes Symptom, jetzt besser
4 Altes Symptom, unverändert
5 Symptom nicht vorhanden
Wie man leicht in der Aufstellung der Beschwerden sieht, ist es eine ziemlich wahllose Liste von möglichen Beschwerden, die nun überhaupt nicht mit der Medikamenteneinnahme selber in Verbindung stehen müssen. Aber natürlich können....
1. Nervosität oder Angst
2. Stimmungshoch, (sub-)manische Stimmung
3. Reizbarkeit
4. Plötzliche Verschlechterung der Stimmung
5. Plötzliche Ausbrüche von Wut ( "Wut-Attacken")
6. Plötzliche Panik oder Angst-Attacken
7. Weinanfälle , Weinkrämpfe
8. Unruhegefühl, innere Getriebenheit
9. Unwirklichkeitsgefühl
10. Konzentrationsprobleme / Verwirrtheitsgefühl
11. Vergesslichkeit oder Probleme mit dem Gedächtnis
12. Stimmungsschwankungen
13. Schlafstörungen, Schlaflosigkeit
14. Alpträume und vermehrtes unruhiges Träumen
15. Schwitzen mehr als üblich
16. Schütteln, Zittern
17. Muskelspannung oder Steifheit
18. Muskelschmerzen oder Schmerzen
19. Unruhiges Gefühl in den Beinen
20. Muskelkrämpfe, Krämpfe oder Zuckungen
21. Müdigkeit, Erschöpfung
22. Unsicherer Gang oder Koordinationsstörungen
23. Verschwommenes Sehen
24. Entzündete Augen
25. Unkontrollierbare Mund- / Zungenbewegungen
26. Probleme mit der Sprache oder Sprechen
27. Kopfschmerz
28. Vermehrte Speichelbildung
29. Schwindel, Benommenheit oder Gefühl von Schwindel (Vertigo)
30 Nasenlaufen
31. Atemnot, subjektive Atembeschwerden
32. Schüttelfrost
33. Fieber
34. Erbrechen
35. Übelkeit
36. Diarrhöe
37. Magenkrämpfe
38. Blähungen
39. Ungewöhnliche Sehempfindungen (Licht, Farben, geometrische Formen)
40. Brennen, Taubheitsgefühl, Kribbeln
41. Ungewöhnliche Sensibilität für Geräusche
42. Tinnitus
43. Ungewöhnliche Geschmack oder Gerüche
Rosenbaum, J.F., Fava, M., Hoog, S.L. et. al. Selective serotonin reuptake inhibitor discontinuation syndrome: a randomized clinical trial. Biological Psychiatry, 1988, 44, 77-87.
2. Stimmungshoch, (sub-)manische Stimmung
3. Reizbarkeit
4. Plötzliche Verschlechterung der Stimmung
5. Plötzliche Ausbrüche von Wut ( "Wut-Attacken")
6. Plötzliche Panik oder Angst-Attacken
7. Weinanfälle , Weinkrämpfe
8. Unruhegefühl, innere Getriebenheit
9. Unwirklichkeitsgefühl
10. Konzentrationsprobleme / Verwirrtheitsgefühl
11. Vergesslichkeit oder Probleme mit dem Gedächtnis
12. Stimmungsschwankungen
13. Schlafstörungen, Schlaflosigkeit
14. Alpträume und vermehrtes unruhiges Träumen
15. Schwitzen mehr als üblich
16. Schütteln, Zittern
17. Muskelspannung oder Steifheit
18. Muskelschmerzen oder Schmerzen
19. Unruhiges Gefühl in den Beinen
20. Muskelkrämpfe, Krämpfe oder Zuckungen
21. Müdigkeit, Erschöpfung
22. Unsicherer Gang oder Koordinationsstörungen
23. Verschwommenes Sehen
24. Entzündete Augen
25. Unkontrollierbare Mund- / Zungenbewegungen
26. Probleme mit der Sprache oder Sprechen
27. Kopfschmerz
28. Vermehrte Speichelbildung
29. Schwindel, Benommenheit oder Gefühl von Schwindel (Vertigo)
30 Nasenlaufen
31. Atemnot, subjektive Atembeschwerden
32. Schüttelfrost
33. Fieber
34. Erbrechen
35. Übelkeit
36. Diarrhöe
37. Magenkrämpfe
38. Blähungen
39. Ungewöhnliche Sehempfindungen (Licht, Farben, geometrische Formen)
40. Brennen, Taubheitsgefühl, Kribbeln
41. Ungewöhnliche Sensibilität für Geräusche
42. Tinnitus
43. Ungewöhnliche Geschmack oder Gerüche
Rosenbaum, J.F., Fava, M., Hoog, S.L. et. al. Selective serotonin reuptake inhibitor discontinuation syndrome: a randomized clinical trial. Biological Psychiatry, 1988, 44, 77-87.
Absetzphänomene sind keine Abhängigkeit von Antidepressiva
Wichtig ist zu wissen, dass diese Symptome eben nicht auf eine körperliche Abhängigkeit zurück zu führen sind. Vielmehr spielt offenbar die Verfügbarkeit und Regulation im Serotonin-Haushalt eine Rolle. Theoretisch wäre auch bei allen anderen zentral im Gehirn wirkenden Medikamenten ein Absetzphänomen möglich. Bei Medikamenten, die auf den Botenstoff Serotonin wirken, treten dann aber eben typische Effekte auf, die man mit Serotonin in Verbindung bringt. Eben gerade gastrointestinale Nebenwirkungen wie Übelkeit und Magenprobleme oder aber Schwitzen und vielleicht Erschöpfung oder Leistungsminderung.
Im Gegensatz zu einer Abhängigkeit beobachtet man aber eben bei Antidepressiva keinen Gewöhnungseffekt im Sinne einer Toleranzentwicklung und auch keinen Kontrollverlust bei der Einnahme. Man wird also nie mehr Antidepressiva nehmen, um den gleichen Wirkeffekt zu erreichen.
Im Gegensatz zu einer Abhängigkeit beobachtet man aber eben bei Antidepressiva keinen Gewöhnungseffekt im Sinne einer Toleranzentwicklung und auch keinen Kontrollverlust bei der Einnahme. Man wird also nie mehr Antidepressiva nehmen, um den gleichen Wirkeffekt zu erreichen.
Was tun bei Absetzphänomenen ?
In aller Regel reicht es in niedriger Dosis erneut das Antidepressivum zu nehmen und dann langsamer abzusetzen. Dann sollte man gemeinsam mit dem Arzt schauen, ob es sich wirklich um eine Absetzsymptomatik handelt oder aber doch eher um ein Rezidiv bzw. Symptome der Angst oder Somatisierung.